Wir hatten in unserem Blogbeitrag vom 15.02.2021 (abrufbar hier) bereits darüber berichtet, dass Bund und Länder die Digitalisierung der Unternehmen stärken und die Sofortabschreibung digitaler Wirtschaftsgüter ermöglichen wollen.
Das Vorhaben ist nun durch ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF-Schreiben vom 26.02.2021 – IV C 3 – S 2190/21/10002, abrufbar unter folgendem Link) präzisiert worden. Grund genug, Ihnen ein kurzes Update zu dem Inhalt des Schreibens zu liefern.
Umfangreiche Definition der betroffenen digitalen Wirtschaftsgüter
Das Bundesfinanzministerium stellt in dem Schreiben auf nahezu drei Seiten ausführlich dar, was es unter „Computerhardware“ versteht und definiert im Zuge dessen die folgenden Unterkategorien:
- Computer
- Desktop-Computer
- Notebook-Computer
- Desktop-Thin-Clients
- Workstations
- Dockingstations
- externe Speicher- und Datenverarbeitungsgeräte (Small-Scale-Server)
- externe Netzteile sowie
- Peripheriegeräte
Die Ausführungen sind durchaus detailliert und bieten in der Praxis eine gute Handlungsanleitung bei der Frage, ob Computerhardware vorliegt oder nicht.
Weniger detailliert, aber gleichsam verständlich wurde in dem Schreiben zudem auch der Begriff der Software definiert und klargestellt, dass hierunter Betriebs- und Anwendersoftware zur Dateneingabe und –verarbeitung zu fassen ist. Dazu gehören sollen dabei sowohl die nicht technisch physikalischen Anwendungsprogramme eines Systems zur Datenverarbeitung, als auch die auf den individuellen Nutzer abgestimmten Anwendungen (ERP-Software, Software für Warenwirtschaftssysteme oder sonstige Anwendungssoftware zur Unternehmensverwaltung oder Prozesssteuerung).
Anwendung der neuen Vorgaben in der Praxis
Das Schreiben sieht vor, dass bei den definierten Wirtschaftsgütern eine gewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde zu legen ist. Die Ausgaben können dementsprechend bereits im Jahr der Anschaffung vollumfänglich abgeschrieben werden.
Hinweis: Eine unterjährige Berechnung und Aufteilung (bei Kauf im Juli 2021 also eine hälftige Aufteilung auf 2021 und 2022) ist aufgrund der nur einjährigen Nutzungsdauer nicht erforderlich, da eine zeitanteilige Abschreibung nur dann vorzunehmen ist, wenn Wirtschaftsgüter länger als 1 Jahr genutzt werden können (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG).
Die Vorgaben gelten ab dem Veranlagungszeitraum 2021 und damit rückwirkend ab dem 01.01.2021. Dabei stellt das Schreiben auch klar, dass Anschaffungen aus Vorjahren, die in das Jahr 2021 übernommen werden und für die ursprünglich eine andere Nutzungsdauer vorgesehen war, in 2021 nun vollumfänglich abgeschrieben werden können.
Unser Tipp an alle Unternehmerinnen und Unternehmer: Gehen Sie Ihre Anlagenbuchführung genau durch und schauen Sie, ob dort aus den Vorjahren noch Restbuchwerte für entsprechende digitale Wirtschaftsgüter mit längeren Nutzungsdauern vorgesehen sind. Diese können nunmehr nämlich vollumfänglich im Jahr 2021 abgesetzt werden!
Darüber hinaus wird in dem Schreiben auch klargestellt, dass die Vorgaben auch für Wirtschaftsgüter des Privatvermögens gelten, die zur Einkünfteerzielung verwendet werden. Von der Neuregelung profitieren daher erfreulicherweise auch Arbeitnehmer und Arbeitnemerinnen, die sich Computer & Co. für die Arbeit anschaffen mussten bzw. zukünftig anschaffen werden.
Randnotiz zu dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums
Das veröffentlichte Schreiben offenbart neben den überaus erfreulichen und überfälligen Neuregelungen – zumindest zwischen den Zeilen – auch eine erfrischend selbstreflektierte und durchaus bemerkenswerte Selbsteinschätzung des Bundesfinanzministeriums, indem dieses in der Einleitung zunächst klarstellt, dass Computerhardware sowie erforderliche Betriebs- und Anwendersoftware zwar den „Kernbereich der Digitalisierung“ bilden und „aufgrund des raschen technischen Fortschritts einem immer schnelleren Wandel“ unterliegen, um in dem nächsten Satz sodann wörtlich Folgendes einzugestehen:
„Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer, die der Abschreibung nach § 7 Einkommensteuergesetz (EStG) zugrunde zu legen ist, wurde für diese Wirtschaftsgüter allerdings seit rund 20 Jahren nicht mehr geprüft und bedarf deshalb einer Anpassung an die geänderten tatsächlichen Verhältnisse.“
Eine Antwort darauf, weshalb man zwei Jahrzehnte (!) für die Anpassung der Abschreibungsdauer für derart wichtige Wirtschaftsgüter benötigt hat, sucht man in dem Schreiben zwar vergebens. Aber sei´s drum: Besser spät als nie!
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