Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat jüngst mit Urteil vom 19.12.2025 (Az. 22 U 26/25) entschieden, dass ein Generalunternehmer-Zuschlag („GU-Zuschlag“) bei der Honorarermittlung nach der HOAI nicht zu den anrechenbaren Kosten gehört. Darüber hinaus hat das Gericht klargestellt, dass eine Abschlagszahlung unter einem „starken“ Vorbehalt zwar nicht zur Erfüllung führt, jedoch den Schuldnerverzug und damit die Entstehung von Verzugszinsen ausschließen kann, wenn der Auftragnehmer die Zahlung nicht zurückweist. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfragen wurde die Revision zugelassen.
Zum Sachverhalt
Ausgangspunkt des Streites war die Frage, ob der GU-Zuschlag bei der Bemessung der anrechenbaren Kosten zu berücksichtigen ist. Hintergrund war ein zwischen den Parteien geschlossener Generalplanervertrag nach öffentlicher Ausschreibung, welcher als Stufenvertrag mit den Leistungsphasen 1 bis 3 als erster Stufe und einem späteren Abruf der Leistungsphasen 4 bis 7 als zweiter Stufe ausgestaltet war. Der Vertrag sah die Vergabe an einen Generalunternehmer vor, wobei auf die in der Leistungsphase 3 ermittelte, geprüfte und freigegebene Kostenberechnung abgestellt werden sollte. Für die Ermittlung der anrechenbaren Kosten wurde vereinbart, dass diese nach § 4 Honorarordnung für Architekten und Ingenieure („HOAI“) auf Grundlage der vom Auftraggeber bestätigten Kostenberechnung ermittelt werden und bis dahin die Kostenschätzung zugrunde zu legen ist.
Die Klägerin hatte in ihren Abschlagsrechnungen zunächst einen GU-Zuschlag einkalkuliert und obsiegte vor dem Landgericht, das eine Berücksichtigung des GU-Zuschlags bei den anrechenbaren Kosten annahm. Das OLG Düsseldorf hob dieses Urteil jedoch auf und wies die Klage ab.
Ansicht des OLG Düsseldorf
Das OLG Düsseldorf stellt als Kernaussage klar, dass ein GU-Zuschlag bei der Bemessung der anrechenbaren Kosten nicht zu berücksichtigen ist. Maßgeblich sei, dass die anrechenbaren Kosten nach § 4 Abs. 1 HOAI auf der Grundlage ortsüblicher Preise zu ermitteln sind und die DIN 276 lediglich eine Auslegungshilfe darstellt, ohne selbst eine verbindliche Bewertungsnorm für die Honorarermittlung zu sein. Nach Auffassung des Senats ist die Vergabe an einen Generalunternehmer für den planerischen Aufwand grundsätzlich neutral und kann den Planer sogar entlasten, etwa durch weniger zu begleitende Ausschreibungen und eine gebündelte Bauüberwachung; es wäre daher widersinnig, wenn diese Vergabestrategie das Honorar über die anrechenbaren Kosten erhöhen würde. Der GU-Zuschlag bilde vielmehr Bauherrenaufwand ab, beispielsweise für Koordination sowie die Abdeckung von Schnittstellen- und Zuordnungsrisiken, und könne deshalb nicht den anrechenbaren Kosten zugeschlagen werden.
Unerheblich ist nach der Entscheidung, ob die Vergabe an einen Generalunternehmer vor oder nach Erstellung der Kostenberechnung in Leistungsphase 3 festgelegt wird, da die Leistungsphasen 6 bis 8 der HOAI nicht nach Vergabemodellen differenzieren und die Honorarlogik damit unabhängig von der Vergabestrategie ist. Soweit die DIN 276 auf die Vorbereitung von Finanzierungsentscheidungen zielt und eine Berücksichtigung des GU-Zuschlags in der Kostenplanung nahelegen könnte, betont das Gericht, dass die Norm primär der Vergleichbarkeit von Kostenermittlungen dient und keine allgemeingültige Kostenbewertung für Honorarzwecke vorgibt.
Zugleich hebt das Gericht hervor, dass die Parteien bei einem Berechnungshonorar grundsätzlich autonom vertraglich regeln können, wie einzelne Parameter der Honorarberechnung – einschließlich der anrechenbaren Kosten – zu bestimmen sind.
Folgen für die Praxis
Für die Honorarermittlung nach HOAI bedeutet das Urteil, dass die anrechenbaren Kosten ohne GU-Zuschlag zu bilden sind, wobei die DIN 276 als Auslegungshilfe herangezogen werden kann, jedoch keine eigenständige Bewertungsnorm für das Honorar darstellt. Planer sollten ihre Honorarangebote und Abschlagsrechnungen entsprechend konzipieren. Der GU-Zuschlag ist als Ausdruck von Bauherrenaufwand – insbesondere Koordination und Schnittstellenrisiken – einzuordnen und gehört deshalb nicht in die anrechenbaren Kosten des Objekts. Die Wahl zwischen GU-Vergabe und Einzelvergabe ist für die Honorarlogik der HOAI neutral, da die einschlägigen Leistungsphasen nicht zwischen unterschiedlichen Vergabemodellen unterscheiden. Bei der Vertragsgestaltung empfiehlt es sich, klare Abreden zur Ermittlung der anrechenbaren Kosten zu treffen, insbesondere wenn ein Berechnungshonorar vereinbart ist, um Auslegungsstreitigkeiten zu vermeiden. Im Zahlungsmanagement kann eine Zahlung unter „starkem“ Vorbehalt ein sinnvolles Instrument sein, um Verzugszinsen zu vermeiden, ohne die Forderungsklärung vorwegzunehmen, solange die Zahlung vom Empfänger nicht zurückgewiesen wird. Da die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen wurde, sollte die weitere höchstrichterliche Entwicklung aufmerksam beobachtet werden.
Wenn Sie prüfen möchten, ob in Ihren Rechnungen ein GU-Zuschlag in Betracht kommt, unterstützen wir Sie bei der strategischen Abwägung, der Formulierung präziser Vertragsbestimmungen und der Wahl der effizientesten Vorgehensweise.
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