In Deutschland wird immer mehr Vermögen vererbt – und damit auch immer häufiger in beträchtlicher Höhe Erbschaftsteuer gezahlt. Grund hierfür ist in vielen Fällen die verspätete Bemühung um die Übertragung des eigenen Vermögens auf nahestehende Angehörige, wie Kinder, Enkelkinder oder auch den eigenen Ehegatten oder Lebenspartner. Dies ist umso ärgerlicher, wenn man sich vor Augen führt, dass es für die Übertragung auf letzteren – den eigenen Partner – mit der sog. „Güterstandsschaukel“ ein Steuersparmodell gibt, mit dem man in zahlreichen Fällen mit überschaubarem Aufwand umfangreich Steuern sparen kann. Grund genug, Ihnen dieses legale und vielen doch (noch) unbekannte Vorgehen ein wenig näher zu bringen.
Hintergrund der Güterstandsschaukel kurz zusammengefasst
Bei der Nutzung der Güterstandsschaukel wird der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft zunächst mittels notariellem Ehevertrag aufgehoben und der Güterstand der Gütertrennung vereinbart. Anschließend wird der Zugewinn aufgeteilt (dazu sogleich nähergehend) und mit einem zweiten notariellen Vertrag in den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft zurückgewechselt. Die Schaukel geht daher bildlich gesprochen einmal nach vorne in den Güterstand der Gütertrennung und sodann wieder zurück in den „normalen“ Güterstand der Zugewinngemeinschaft.
Grundlage der Schaukel: Die Zugewinngemeinschaft
Befinden sich Ehegatten/Lebenspartner vermögensrechtlich gesehen in einer sog. Zugewinngemeinschaft, so steht grundsätzlich jedem der Ehegatten/Lebenspartner die Hälfte des im Zeitraum der Ehe erwirtschafteten Vermögens des jeweils anderen zu. Vereinfach dargestellt sieht es also wie folgt aus (aus Gründen der Übersichtlichkeit simplifiziert dargestellt):
Beispielsfall Zugewinnausgleich:
Ehefrau Emilia und Ehemann Friedrich gehen mit 0 EUR Vermögen in die Ehe, die sie im Güterstand der Zugewinngemeinschaft beginnen. Da Emilia ein gutes Händchen für Kölner Immobilien hat, Friedrich aber nur ein mittelmäßiger Bänker ist, hat Emilia nach 20 Jahren Ehe ein Vermögen in Höhe von insgesamt 10 Mio. EUR erwirtschaftet, während Friedrich „nur“ auf 2 Mio. EUR kommt.
Lassen sich die beiden nun scheiden (häufiger Fall für die Beendigung einer Zugewinngemeinschaft), so hat Friedrich Anspruch auf Zugewinnausgleich in Höhe von 50% des Mehr-Zugewinns von Emilia – und damit auf insg. 4 Mio. EUR.
So weit, so verständlich und zumindest in Grundzügen auch den meisten Eheleuten bekannt. Kommen wir nun zu der Besonderheit, die sich die Güterstandsschaukel zu Nutze macht:
- Man muss sich nicht scheiden lassen (und auch nicht sterben), um den Zugewinn unter Ehegatten/Lebenspartnern aufzuteilen – es genügt auch der freiwillige Wechsel in den Güterstand der Gütertrennung
- Mithilfe dieses Wechsels kann der Zugewinn steuerfrei (!) auf den anspruchsberechtigten Ehegatten/Lebenspartner übertragen werden
Rechtlicher Hintergrund und steuerrechtliche Auswirkung der „Schaukel“
Bei der Güterstandsschaukel handelt es sich streng genommen um die Nutzung der Vorschrift des § 5 Abs. 2 ErbStG, der wie folgt lautet:
„Wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft in anderer Weise als durch den Tod eines Ehegatten oder eines Lebenspartners beendet […], gehört die Ausgleichs-forderung (§ 1378 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) nicht zum [steuerpflichtigen] Erwerb im Sinne der §§ 3 und 7.“
Mit anderen Worten:
Wird die Zugewinngemeinschaft (unter lebenden Ehegatten/Lebenspartnern) beendet, so unterliegt der ausgeglichene Zugewinn auch nicht der Schenkungsteuer (!)
Anwendung auf das obige Beispiel:
Emilia und Friedrich möchten ihr Vermögen untereinander aufteilen und hierbei möglichst wenig Steuern zahlen. Zur Verfügung steht Ihnen hierfür grundsätzlich eine Schenkung von Emilia an Friedrich oder die Nutzung der Güterstandsschaukel. Sie entscheiden sich für letzteres und vereinbaren die Umwandlung in den Güterstand der Gütertrennung (notariell beurkundet). Der Zugewinn wird im Zuge dessen berechnet und ausgeglichen. Der steuerliche Unterschied zwischen der Schenkung an den Ehegatten/Lebenspartner und der Nutzung der Schaukel beträgt bei diesem Beispiel 665.000 EUR, wie die nachfolgende (vereinfachte) Berechnung zeigt:
Übertragung durch Nutzung der Güterstandsschaukel:
0 EUR
Schenkungsteuerberechnung (vereinfacht):
4.000.000
./. 500.000 (Freibetrag für Ehegatten/Lebenspartner)
3.500.000
x 19 % (Ehegatten/Lebenspartner fallen in Steuerklasse I)
665.000
Nach Vollzug der Gütertrennung (nunmehr mit 6 Mio. EUR Vermögen pro Person) entscheiden sich Emilia und Friedrich dazu, zu der Zugewinngemeinschaft „zurückzuschaukeln“. Dies wird wiederum ebenfalls notariell beurkundet – und vollzogen ist die Vermögensaufteilung (ohne Schenkungsteuer)!
Anwendungsbereiche der Güterstandsschaukel in der Praxis
Die Anwendung der Güterstandsschaukel kann unterschiedlichste Gründe haben. Nachfolgend zeigen wir Ihnen die gängigsten Anwendungsbereiche auf:
I. Nutzung von Steuerfreibeträgen für Übertragung auf die Kinder:
Vielen Steuerpflichtigen ist dies kein Begriff, aber Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuerfreibeträge für Kinder gelten immer pro Elternteil in Höhe von jeweils 400.000 EUR. Was viele dabei übersehen: Um Freibeträge möglichst effizient zu nutzen, muss das Vermögen so auf die Eltern aufgeteilt werden, dass auch von jedem Elternteil geerbt wird bzw. geschenkt werden kann.
Hält beispielsweise nur ein Elternteil das gesamte Vermögen der Eltern, so können auch nur für diesen Teil (!) Schenkungssteuerfreibeträge genutzt werden – die 400.000 EUR-Freibetrag des anderen Elternteils können nicht verbraucht bzw. genutzt werden, was die Kinder im Falle einer Erbschaft so einiges an Erbschaftsteuer kosten kann. In zahlreichen Fällen kann hier die Umsetzung der Güterstandsschaukel weiterhelfen:
Beispiel zur Verdeutlichung der Problematik: Das Elternvermögen teilt sich in 20.000 EUR Barvermögen der Mutter und 3,2 Mio. EUR Barvermögen des Vaters auf (alles in Zugewinngemeinschaft erwirtschaftet). Die Eheleute haben 2 Kinder und möchten das Vermögen gerne zeitnah auf ihre beiden Kinder übertragen.
Problem: Der Vater allein kann auf jedes Kind nur alle 10 Jahre 400.000 EUR (also 800.000 EUR insgesamt) steuerfrei übertragen; der Freibetrag der Mutter bringt in diesem Fall keine nennenswerte Ersparnis, da sie kaum Vermögen hat. Hierfür folgendes Beispiel für die Dauer einer steuerfreien Übertragung auf die Kinder:
1. Schenkungsrunde Vater an Kinder: 800.000 EUR
2. Schenkungsrunde Vater an Kinder: 1.600.000 EUR (nach 10 Jahren)
3. Schenkungsrunde Vater an Kinder: 2.400.000 EUR (nach 20 Jahren)
4. Schenkungsrunde Vater an Kinder: 3.200.000 EUR (nach 30 Jahren)
Nutzen die Eltern jedoch zunächst die Güterstandsschaukel zur hälftigen Teilung des Vermögens (jeder hat anschließend einen eigenen Freibetrag in Höhe von 400.000 EUR) und übertragen sie sodann das Vermögen schenkweise, so kann dieses bei kluger Gestaltung bereits nach 10 Jahren nahezu komplett steuerfrei übertragen worden sein:
1. Schenkungsrunde Vater und Mutter an Kinder: 1.600.000 EUR
2. Schenkungsrunde Vater und Mutter an Kinder: 3.200.000 EUR (bereits nach 10 Jahren übertragen)
Hinweis: Gerade bei der steueroptimierten Übertragung von Vermögen in die nächste Generation zeigt sich immer wieder: Die effiziente Nutzung der Steuerfreibeträge ist elementar wichtig und kann bei ordentlicher und vor allem frühzeitiger Planung eine erhebliche Steuerersparnis mit sich bringen!
II. Haftungsverlagerung:
Die Nutzung der Güterstandsschaukel wird in der Praxis darüber hinaus dann angewandt, wenn Ehegatten/Lebenspartner Vermögenswerte vor Gläubigern schützen möchten und aus diesem Grund eine vorzeitige Aufteilung des Zugewinns wählen. Anders als oft angenommen ist es insoweit nämlich keinesfalls so, dass Ehegatten/Lebenspartner für sämtliche Schulden des jeweils anderen haften.
III. Reduzierung der Pflichtteilsansprüche außerehelicher Kinder:
Schlussendlich wird die Güterstandsschaukel auch zur Reduzierung etwaiger Pflichtteilsansprüche außerehelicher Kinder (diese haben Erbansprüche nur gegen einen Ehegatten/Lebenspartner) eingesetzt. Durch den „vorzeitigen“ Zugewinnausgleich wird hier sichergestellt, dass der Zugewinnanspruch des (aktuellen) Ehegatten/Lebenspartners vor den Erbansprüchen der außerehelichen Kinder weitestgehend verschont bleibt.
Was zu beachten ist bei der Umsetzung der Güterstandsschaukel
Für die Umsetzung der Güterstandsschaukel müssen unbedingt zwei notarielle Verträge geschlossen werden: Einen zur Gütertrennung (Schaukel in die eine Richtung) und einen weiteren zur Rückkehr in die Zugewinngemeinschaft (Schaukel in die ursprüngliche Situation zurück). Zwischen den beiden Verträgen und einer Rückkehr sollte zudem eine kurze Stillhaltezeit eingeplant werden (etwa ein halbes Jahr).
Darüber hinaus ist bei der Berechnung des Zugewinns zwingend darauf zu achten, dass dieser eine etwaigen rechtlichen Prüfung durch das Finanzamt standhält und keine bösen Überraschungen (u.a. verdeckte Schenkungen) zur Folge hat. Das heißt: Sämtliche Vermögensbestandteile, die Teil des Zugewinnausgleichs unter den Ehegatten sind, müssen korrekt bewertet und in der Berechnung berücksichtigt werden. Darüber hinaus muss der Zugewinn auch tatsächlich ausgeglichen werden und der Berechtigte in die Position versetzt werden, frei über seinen Zugewinnanteil verfügen zu können.
Ergebnis
Die Güterstandsschaukel kann sehr effektiv dabei helfen, Vermögen unter Ehegatten, die sich regulär im Güterstand der Zugewinngemeinschaft befinden, ohne entsprechende Schenkungssteuerthemen aufzuteilen.
Besonders hilfreich ist die Nutzung der Schaukel dann, wenn Vermögen bei einem Ehegatten akkumuliert ist und eine Übertragung in die nächste Generation ansteht. Werden hier nicht alle Freibeträge durch beide Eltern ausgenutzt, so sollte zwingend (vorab) eine Vermögensübertragung untereinander erfolgen. Im Ergebnis kann man daher festhalten, dass für die steueroptimierte Übertragung von Vermögenswerten eine goldene Regel gilt, die (leider) häufig nicht beachtet wird:
Je früher (geplant) desto besser!
Skrupel bei der Anwendung der Güterstandsschaukel muss man im Übrigen nicht haben, da man sich vor Augen führen kann, dass der Zugewinnausgleich nach Auffassung des Gesetzgebers der „normale“ finanzielle Ausgleich unter Ehegatten darstellt. Die Umsetzung der Güterstandsschaukel fällt daher weder in einen rechtlichen „Graubereich“ noch ist dies sonst in irgendeiner Form verwerflich. Dass die Nutzung der Schaukel rechtlich unbedenklich ist, hat der BFH daher auch bereits mehrfach – nach unserem Dafürhalten richtigerweise – klargestellt.
Sie haben Fragen zum Thema Güterstandsschaukel oder zur steueroptimierten Nachfolgeplanung?
Schreiben oder sprechen Sie uns gerne an!
Ihre Ansprechpartner: Henrique Leimkuhl-Schulz | Dr. Demis Tarampouskas
Den Beitrag als PDF herunterladen: